Ich lebe meinen Traum

 

 Sopranistin Olga Peretyatko hat schon auf den größten Bühnen gesungen und in den unterschiedlichsten Rollen brilliert. Seit heuer hat sie eine neue Lieblingsrolle: die der Mutter.

 

 Text: Doris Springenfels    Fotos: Daniil Rabovsky

 

 

Ihrer Tochter hat sie ihr neues Album „Songs for Maya“ mit Schlafliedern gewidmet, das am 18. Mai erschienen ist. „Es sind Wiegenlieder aus der ganzen Welt und in neun Sprachen, inklusive Japanisch und Chinesisch“, so der Opern-Star. „Es gibt viele klassische Lieder, zum Beispiel von Schumann, Brahms und Mozart, die sehr berühmt sind. Aber auch ganz unbekannte wunderschöne Lieder mit sehr starkem Hit-Potenzial.“ 

Wie kam es zu dem Album?

2020, als wir alle erstmals im Pandemiemodus waren, hat mein damaliger Professor von der Hanns Eisler Hochschule in Berlin angerufen und gefragt, ob wir an einem neuen Programm mit Wiegenliedern arbeiten würden. Da ich Zeit hatte, habe ich zugesagt. Anderthalb Monate haben wir fast jeden Tag daran gearbeitet. Dann hat mein Arzt mir und meinem Mann verkündet, dass ich schwanger bin. Ich wollte es eigentlich niemandem verraten, nicht mal meinem Professor, aber er hat das sofort in meiner Stimme gehört: Jedes Lied hat auf einmal einen persönlichen Sinn bekommen, da ich es für jemanden Bestimmten singen konnte. Nachdem er angemerkt hat, dass ich mich in den Proben plötzlich ganz anders anhöre, habe ich ihm dann doch alles erzählt. Da war mir klar, dass es ein Zeichen vom Universum ist und ich dieses Projekt unbedingt aufnehmen muss. So hat mir die Pandemie auch was Gutes gebracht: Ich bin mutiger geworden und ich konnte dieses wunderbare neue Album aufnehmen. 

Wann regte sich in Ihnen der Wunsch, Opernsängerin zu werden?

Gute Frage, aber darauf gibt es eigentlich keine richtige Antwort. Die Musik war schon immer präsent in meinem Leben, da mein Vater Opernsänger ist. Begonnen hat es bei mir auf den Familienfesten: Ich habe schon mit drei Jahren angefangen zu reden und seitdem nicht mehr aufgehört zu singen. 

Gibt es eine Lieblingspartie, die Sie singen und warum?

Jede Partie, die ich singe, ist meine Lieblingspartie. Das ist vielleicht eine banale Antwort, aber es stimmt. Es gibt Opern, in denen ich vier Partien gleichzeitig singe, so wie zum Beispiel für meine jetzige Produktion in der Hamburgischen Staatsoper: Ich singe alle Frauenpartien in Hoffmanns Erzählungen. Das ist natürlich eine Herausforderung, aber ich mag Herausforderungen und finde das spannend. Durch das Belcanto-Fach bin ich bekannt geworden. Rossini, Bellini, Donizetti – ich liebe diese Komponisten wirklich alle.

Was war Ihre schwierigste Rolle?

Da kann ich mich leider nicht entscheiden – ich habe während meiner Karriere viele schwierige Partien gesungen, angefangen mit Zerbinetta in Ariadne auf Naxos von Richard Strauss. Das ist eine der schwierigsten Sopran-Arien überhaupt. Mit dieser Arie habe ich alle meine Wettbewerbe gewonnen und sie auch für meine Vorsingen gewählt, um Rollen zu bekommen. Lucia und La Traviata sind jedoch auch kompliziert. 

Hat das Muttersein Sie stark verändert?

Das Muttersein hat so ziemlich alles verändert, aber im guten Sinne. Ich bin mir sicher, dass Maya mich einfach zu einem besseren Menschen verwandelt hat, in allem, was ich tue und in allem, was ich bin. Ich kann jetzt verschiedene Dinge viel besser als früher. Vor allem, was das Zeitmanagement betrifft. Ich habe auch gelernt, dass mein Körper viel mehr kann, als ich eigentlich dachte – nach zwei Stunden Schlaf war Singen früher unmöglich für mich, jetzt ist es kein Problem mehr. Es ist alles Kopfsache, das habe ich jetzt verstanden. Meine Prioritäten haben sich auch verschoben; als Mutter versteht man, was wirklich wichtig ist. Man macht sich weniger Gedanken über unwichtige Kleinigkeiten. Das Wichtigste und das Beste ist aber, dass ich jetzt eine neue Ressource von unendlicher Liebe in mir trage, und das tut richtig gut.

Was halten Sie von Duett-Alben mit anderen Künstlern, womöglich auch aus dem Nicht-Klassik-Bereich?

Ich habe schon ein Duett mit Robbie Williams aufgenommen. Das war in Paris vor einigen Jahren, ein wundervolles Erlebnis. Mit Roland Kaiser habe ich eine Single aufgenommen, und mit Peter Maffay habe ich auch schon einen Song mit Video herausgebracht. Ich bin eine sehr neugierige Person und mag es, neue Sachen auszuprobieren und auch die verschiedenen Musik-Stile zu mischen – aber das muss wirklich hochwertig gemacht sein.

Absolut Beautiful ist ein Lifestyle-Magazin, deshalb auch die Frage: Haben Sie einen oder mehrere Lieblingsdüfte und wie wichtig ist Schönheitspflege für Sie?

Ich bin ein absoluter Parfum-Fan – ich besitze ein paar Liter  Parfum, würde ich sagen. Ich suche immer nach Raritäten, richtig seltenen Parfums. Es gibt einige Lieblingsdüfte, die ich schon seit Jahren immer wieder kaufe, z. B. Incense Avignon von Comme des Garçons. Es gibt einen anderen Duft, Ichnusa aus dem italienischen Haus Profumum Roma oder Voile Blanche von Il Profumo. Vor zwei Jahren habe ich außerdem in London eine Parfümerie entdeckt, Beaufort. Da habe ich zwei Lieblingsdüfte gefunden, Fathom V und Vi et Armis. Die sind eigentlich für Männer, aber ich mag dieses Maskuline. Ich habe auch lange versucht, ein perfektes Tee-Parfum zu finden, dessen Duft länger als zehn Minuten anhält. Da habe ich jetzt eins gefunden: Philtre Ceylan vom Atelier Cologne. Ich habe viele Beauty-Tricks, aber das Beste ist ein gesunder Schlaf. Da ich Russin bin, liebe ich auch Banja, das russische Dampfbad. Natürlich ist auch viel Sport wichtig, viel frische Luft und positive Gedanken. In letzter Zeit schätze ich ätherische Öle sehr, die findet man jetzt überall in meinen Kosmetikprodukten und in allen meinen Cremen. Ich mische die Öle auch selbst und massiere sie ein.

Leben Sie Ihren Traumberuf und könnten Sie sich einen alternativen Lebensweg vorstellen?

Ja, ich lebe meinen Traum, das kann ich so sagen. Wenn ich nicht Sängerin wäre, wäre ich vielleicht Ärztin geworden.