Um als Til Schweiger der Oper bezeichnet zu werden, braucht es vor allem drei Dinge:
Charme, Coolness und Erfolg. Deutschlands Tenor-Superstar Jonas Kaufmann hat sie alle und –
anders als Schweiger – auch noch eine Stimme zum Niederknien.
Text: Anna Muhr
Musik ist letztendlich auch nichts anderes als Mathematik, sagen manche. Und dass Töne nur berechenbare Luftschwingungen sind, deren Frequenzen man in Formeln packen kann. Vielleicht war das Grund, warum Jonas Kaufmann nach dem Abitur in München ein Studium der Mathematik begann. Oder wohl doch eher die Eltern, die wollten, dass der Sohn was „Solides“ lernt. Fest steht: Nach wenigen Semestern wurden ihm die Zahlen und Formeln zu theoretisch. Sein Weg war von da an die Praxis von Tönen, Frequenzen und Luftschwingungen. Jonas Kaufmann wurde Sänger. Und das war eine wirklich gute Entscheidung.
Denn heute ist er ein Superstar. Renommierte Zeitungen wie der „Daily Telegraph“ oder die „New York Times“ sprechen von dem Münchner als dem „weltgrößten Tenor“ oder bezeichnen ihn gar als den „wichtigsten vielseitigen Tenor seiner Generation“. Publikum und Kritiker verehren ihn für seine stimmliche Bandbreite, für die Vollkommenheit seines Spiels. Seine Bühne sind die großen Opernhäuser weltweit: Ob die Met in New York, das Royal Opera House in London oder die heimatliche Bayrische Staatsoper in München – für Jonas Kaufmann hat man schon beinahe überall Beifall geklatscht. Eine gewisse Vorliebe scheint Kaufmann selbst jedoch für Italien zu haben. Ganz abgesehen von den Spielstätten – auch die Mailänder Scala ist natürlich darunter – reicht, um das festzustellen, ein Blick auf seine bisherigen Partien. Fast alle Titelrollen von Verdi-Opern hat er gesungen (La Traviata, Aida, Don Carlos), er spielte den Barbier von Sevilla in Rossinis gleichnamiger Oper, den Idomeneo von Mozart auf Italienisch. Und immer wieder die großen Rollen von Giacomo Puccini.
Jonas Kaufmann hatte sie alle
Die Rollen, in denen es um Leidenschaft, um Sehnsucht und ja, letztendlich, um schöne Frauen geht. Sie passen zu ihm, zu seinen dunklen Augen, dem wuscheligen Lockenkopf. Selbst zu dem mittlerweile leicht angegrauten Dreitagebart. Den heißblütigen Liebhaber kauft man ihm einfach ab. Als den „Til Schweiger der Tenöre“ titulierte ihn vor einigen Jahren einmal eine große deutsche Tageszeitung. Und damit war natürlich auch sein Aussehen gemeint, die maskuline Präsenz auf der Bühne. Aber vielleicht bedeutet das auch noch etwas ganz anderes: Denn so wie Til Schweiger ein Massenpublikum wieder für den deutschen Film begeisterte, bringt Jonas Kaufmann auch Zuschauer in die Oper, die davor wenig mit der Hochkultur zu schaffen hatten.
Na gut, es muss auch nicht immer die reine Hochkultur sein. Seine Vielseitigkeit ist immerhin eine der größten Stärken des 46-jährigen Kaufmann. Und so hat er keine Berührungsängste, wenn es um die populäre kleine Schwester der Oper, die Operette, geht. Erst im vergangenen Jahr war er mit dem Programm „Du bist die Welt für mich“ auf Tournee und interpretierte dafür Operetten-Klassiker. Selbst zum Film hat es ihn unlängst einmal verschlagen: Für „Casanova Variations“ – eine Art Biografie des berühmtesten Liebhabers aller Zeiten – stand er in einer Nebenrolle mit John Malkovich und Veronica Ferres vor der Kamera. Auch für Einsätze als Werbegesicht von Uhren- und Automarken verlässt er hin und wieder die Opernbühne.
Ups and Downs
Bei so viel Erfolg fragt mittlerweile natürlich kaum einer mehr nach den Anfängen. Gerade die sind es aber, die den Superstar Jonas Kaufmann geformt haben. Eine Stimmkrise Mitte der 90er Jahre
hätte seine Karriere beinahe beendet, bevor sie überhaupt losgehen konnte: „Damals ging gar nichts mehr. Immer hatte ich Halsschmerzen, immer war ich erkältet, alles Zeichen, dass die Stimme
überlastet und deshalb überempfindlich war“, erinnert er sich. Langwieriges Training mit einem guten Lehrer habe geholfen. Seine kräftige und zugleich sanfte, unverkennbare Stimme war seither die
verlässlichste Begleiterin auf der Karriereleiter. Sie wird bei ihm bleiben. Auch, wenn er längst ganz oben angelangt ist.
Das passt zu ihm: Rollen, in denen es um Leidenschaft, um Sehnsucht und um schöne Frauen geht.
Den heißblütigen Liebhaber kauft man ihm einfach ab.
Fotos: Gregor Hohenberg/Sony Classical
JONAS KAUFMANN "IT´S CHRISTMAS!" erscheint am 13.11.20 weltweit bei SONY CLASSIC
Mit seinem Weihnachtsalbum It’s Christmas! und dieser ganz besonderen Zusammenstellung beliebter Songs und Lieder feiert Jonas Kaufmann die schönste Zeit des Jahres. Sein abwechslungsreiches und stimmungsvolles Festtagsalbum präsentiert 40 Lieder, die alle Facetten der Weihnachtsmusik abbilden, von alten Kirchenliedern bis zu modernen Popklassikern.
„Denk ich an Weihnachten, dann steigen viele Erinnerungen in mir auf“, schreibt Kaufmann im Booklettext zuIt’s Christmas!
Kaufmann hat viele deutsche Weihnachtslieder ausgewählt wie z.B. „O du fröhliche“, „O Tannenbaum“ oder „Still, still, still“, welche er schon als Kind an Heiligabend mit seiner Familie unterm Weihnachtsbaum gesungen hat. Daneben finden sich auch englische Carols („What Child Is This“, „In the Bleak Midwinter“), weltweit beliebte Evergreens wie „Minuit, chrétiens“, aber auch Raritäten wie die alpenländische Weihnachtslieder, bei denen Jonas Kaufmann nur von der Harfe begleitet wird. Den Abschluss bildet eine sehr persönliche Auswahl amerikanischer Popsongs für die Weihnachtszeit: „Let It Snow!“, „Winter Wonderland“, „The Christmas Song“, „Have Yourself A Merry Little Christmas“ und „White Christmas“. Jonas Kaufmann verbindet mit diesen Klassikern eine ganz besondere Erinnerung, an „den Moment, wenn alle überglücklich inmitten vieler Geschenke und Bergen von Geschenkpapier um den Baum saßen und unser Vater die Plattensammlung herausholte, um seiner gar nicht so geheimen Leidenschaft für die swingend-amerikanische Weihnacht von Bing Crosby, Frank Sinatra, Ella Fitzgerald und Co. zu frönen.“ Für die passende Begleitung der Lieder und Songs auf It’s Christmas! sorgen das Mozarteumorchester und der Bachchor Salzburg sowie die St. Florianer Sängerknaben, alle unter der Leitung von Jochen Rieder, der Harfenist Florian Pedarnig und die von Wieland Reissmann geleitete Cologne Studio Big Band.
Für „Let it snow“ und „Have Yourself a Merry Little Christmas“ konnte als Star-Gast der Trompeter Till Brönnergewonnen werden.